Zu Gast im Kunstturnleistungszentrum bei der KTV Ruhr-West
Lukas Kluge, Tvg Steele 63
Berkay Sen, TB Essen-Altendorf 84
Luzian Mettner, TV Einigkeit MH
Pavel Kostyukhin, Tvg Steele 63
Artur Sahakyan, TB Essen-Altendorf 84
Nach längerer Zeit wollte ich als Mitglied und Fachwart GT männliche Jugend der GET wieder einmal zum Training in die Kunstturnhalle gehen, um mal wieder den Duft von Magnesia in der Nase zu haben. Selbst als ehemaliger Turner fällt es einem schwer, nicht mehr direkt an den Turngeräten mitmachen zu können. Auch 45 Jahre nach meiner aktiven Zeit hat die Faszination am Turnen nicht nachgelassen. Anfangs in den 50ern als kleiner Bub beim Turnerbund Essen-Altendorf 1884, dem ich nun 34 Jahre vorstehe, danach bei der Tvg Steele 63 - mit der damaligen Meistermannschaft halte ich heute noch einen engen Freundschaftskontakt - sowie den späteren Stationen in der Liga beim PSV Düsseldorf und der KTV Oberhausen, wollte ich wissen, was die Turner in der Corona-Zeit so machen.
Die Pandemiezeit
Das letzte Jahr 2020 ist bezüglich der Wettkämpfe Corona-bedingt quasi fast ausgefallen und in diesem Jahr ist auch noch nicht klar, wie es weitergeht. Trotzdem halten die Turner an ihrem Glauben fest, auch nach der Pandemie wieder ganz oben mit zu mischen. Alle sind in ihrer Altersklasse NRW Meister. Drei sind Bundesligaturner und sogar Mitglieder des Kaders des Deutschen Turnerbundes. Wir sprechen hier von Topathleten, die leider viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommen.
In der Halle der KTV Ruhr-West findet mit den Kaderturnern ein behördlich zugelassenes Training statt. Es geht sehr diszipliniert in der Halle zu. Man hilft sich gegenseitig und trainiert aus Abstandsgründen an verschiedenen Geräten.
Wenn die Corona-Zeit - hoffentlich bald! - vorbei sein wird, kann sich die Halle dann auch wieder komplett füllen. Die verschiedenen Gruppen sämtlicher Altersklassen Mädchen wie Jungen werden dann wieder die Stunden in Anspruch nehmen. Die jungen Mädels sind übrigens auch sehr erfolgreich und turnen in der Liga des Rheinischen Turnerbundes. Für sie und die anderen Gruppen gilt die Freigabe leider nicht, deshalb im Moment nur Training für Kaderturner.
Warum machen das so junge Menschen eigentlich?
Die Antwort ist einfach: Sie Turnen gerne und das mit viel Engagement und dem Hunger auf das Erlernen neuer spektakulärer Übungselemente. Es handelt sich hier nicht um irgendwelche Sportler, die auf der Straße mit dem Ball spielen, nein - sie sind lieber in der Halle und quälen sich ab, um die hohen Ziele der Turnkunst zu erreichen. Es sind jugendliche Hoch-Leistungssportler und zwar die besten im Lande. Für nicht Eingeweihte ist es oft nicht nach zu vollziehen, wie diese kraftvollen Körper mehrere Drehungen um die Querachse (Saltos) gepaart mit mehreren Längsachsdrehungen (Schrauben) wieder punktgenau auf den Füßen landen können. Das ist es was das Turnen ausmacht! Sehr früh erlernen sie, das erklärende Wort des oder der Trainer in Bewegung umzusetzen. Das erfordert natürlich eine besondere Disziplin und Intelligenz, weil unkonzentriertes Verhalten unweigerlich zum Misslingen der ganzen Übung oder eines Turnelements führt. Die Körperspannung, mit der nötigen Schnellkraft, um Bewegungen einzuleiten und gezielt abzubremsen, erlernen die jungen Sportler mit der ersten Stunde und verfeinern diese durch mannigfaches Wiederholen. Dies gilt von den Fingerspitzen, der Kopfhaltung bis zu den Fußspitzen. Elegant sieht es dann aus, wenn Leichtigkeit zu erkennen und die Schwerkraft scheinbar ausgesetzt ist. In einem Turnerleben kommt es schnell auf über mehrere hunderttausend Flick-Flacks, Saltos, Drehungen um sich selbst, Flanken, Riesenfelgen usw. Oft sogar in einer Höhe von bis zu 4 Metern. In dieser Leistungsklasse wird natürlich nahezu täglich trainiert und manchmal sogar zweimal täglich.
Wenn es darum geht, die Übungen an den olympischen Geräten wie Boden, Pauschenpferd, Ringe, Sprungtisch, Barren und Reck zu präsentieren, gehen viele Jahre unter fachmännischer Anleitung des Stützpunktleiters, József Kakuk, ins Land. Die Wettkämpfe sind der Ort wo man sich dem Wettbewerb stellen muss. Hier kommt es darauf an, die Nerven beieinander zu haben und die volle Konzentration, auf den Punkt der Übung zu bringen. Nicht nur die gelernten Augen der Kampfrichter, sondern auch die Trainer, die anderen Wettkampfteilnehmer und die Zuschauer sorgen für eine gewisse Anspannung. Das besonders faire in diesem Sport ist, daß alle die gleichen Rahmenbedingungen vorfinden. Da wird keiner getreten, geschuppst oder ausgebuht, jeder ist nur für sich selbst mit dem Turngerät verantwortlich. Nervenstärke gehört mit zu den Fundamenten des Vortrags.
Titelkampf
Die KTV Ruhr-West will dieses Jahr zusammen mit dem Turnzentrum Bochum wieder eine erfolgreiche Nachwuchs-Bundesliga turnen. Nach der Deutschen Vizemeisterschaft in 2020, zweiter hinter Frankfurt, wird dieses Jahr der Meistertitel angestrebt. Die KTV R-W und das TZ Bochum können stolz sein, daß alle Turner aus den eigenen Reihen kommen, das heißt, daß sie von den jeweiligen Heimatvereinen aus Essen, Mülheim, Duisburg für die KTV entsandt werden. In Bochum kommen die Turner aus Bochum, Witten und dem Umfeld. Die Turner trainieren nicht mehr in ihren Vereinen selbst, weil die Ausstattungen dort dies meist nicht hergeben, sondern ausschließlich im Landes-Leistungs-Stützpunkt in Mühlenfeld in Mülheim und in Bochum Harpen. Das System erlaubt es, daß die Turner im Einzelmehrkampf für die Heimatvereine antreten und in der Mannschaft für die KTV turnen. Die KTV kooperiert eng mit dem Turnzentrum Bochum, die dann gemeinsam auch die 3. Bundesliga bestreiten.